EuGH: Rückkehraktionen - Schadensersatzklage mehrerer syrischer Flüchtlinge gegen Frontex nach deren Rückführung in die Türkei durch Griechenland abgewiesen

Flüchtlinge

Da Frontex weder für die Prüfung der Begründetheit von Rückkehrentscheidungen noch von Anträgen auf internationalen Schutz zuständig ist, haftet diese Agentur der EU nicht für den Ersatz etwaiger Schäden in Verbindung mit der Rückführung in die Türkei.

Im Jahr 2016 trafen mehrere syrische Flüchtlinge auf der griechischen Insel Milos ein. Nachdem sie auf die Insel Leros gebracht wurden, äußerten sie den Wunsch, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Infolge einer gemeinsamen Rückkehraktion, die von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) und Griechenland durchgeführt wurde, wurden sie jedoch in die Türkei gebracht. Von dort aus haben sie sich in den Irak begeben und halten sich seitdem dort auf. Da ihre beim Grundrechtsbeauftragten von Frontex in Bezug auf ihre Rückführung in die Türkei eingelegten Beschwerden ohne Erfolg blieben, haben die betreffenden Flüchtlinge beim Gericht der Europäischen Union eine Schadensersatzklage erhoben. Sie machen damit einen Betrag von mehr als 96 000 Euro an materiellem Schaden und von 40 000 Euro an immateriellem Schaden geltend, da sich Frontex vor, während und nach der Rückkehraktion rechtswidrig verhalten habe. Ihrer Ansicht nach wären sie nicht rechtswidrig in die Türkei rückgeführt worden und hätten sie den ihnen unter Berücksichtigung ihrer Staatsangehörigkeit und der Lage in Syrien zum Zeitpunkt des Geschehens zustehenden internationalen Schutz erhalten, wenn Frontex im Rahmen der Rückkehraktion nicht gegen ihre Verpflichtungen im Bereich des Grundrechtsschutzes verstoßen hätte. Frontex habe insbesondere gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung, das Recht auf Asyl, das Verbot kollektiver Ausweisungen, die Rechte des Kindes, das Verbot erniedrigender Behandlung, das Recht auf eine gute Verwaltung und das Recht auf effektiven Rechtsschutz verstoßen.

Mit Urteil vom 6. September 2023 – T-600/21 – weist der EuGH die Klage ab.

Weder die angeblich erlittenen Schäden, d. h. die Ausgaben der betreffenden syrischen Flüchtlinge in der Türkei und im Irak, noch ihre Angstzustände insbesondere in Verbindung mit dem Rückflug in die Türkei lassen sich nämlich unmittelbar auf das Verhalten von Frontex zurückführen. In Bezug auf die Rückkehraktionen hat Frontex lediglich den Auftrag, die Mitgliedstaaten technisch und operativ zu unterstützen. Dagegen sind die Mitgliedstaaten ausschließlich zuständig, um die Begründetheit von
Rückkkehrentscheidungen zu würdigen und Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen. Die in Rede stehenden Flüchtlinge gehen daher zu Unrecht davon aus, dass sie ohne die angeblichen Verstöße von Frontex weder rechtswidrig in die Türkei rückgeführt worden wären noch den geltend gemachten materiellen und immateriellen Schaden erlitten hätten, weil ihnen aufgrund der Lage in Syrien der begehrte internationale Schutz zuerkannt worden wäre.

Außerdem lassen sich der geltend gemachte materielle Schaden wegen der Ausgaben für Miete und Einrichtung in der Türkei, der Kosten für die beauftragten Schleuser zur Einreise in den Irak und der Ausgaben für den dortigen täglichen Lebensunterhalt sowie der geltend gemachte immaterielle Schaden wegen der Angstzustände und des Leids in Verbindung mit ihrer äußerst beschwerlichen und gefährlichen Reise in den Irak nicht als unmittelbare Folgen des Verhaltens ansehen, das Frontex vorgeworfen wird.

Das Gericht gelangt daher zu dem Ergebnis, dass die in Rede stehenden Flüchtlinge den Nachweis für einen hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen dem behaupteten Schaden und dem Frontex vorgeworfenen Verhalten nicht erbracht haben.

Quelle: Pressemitteilung des Gerichtshofs der europäischen Union Nr. 133/23 vom 6. September 2023

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