LG München I: Strafverfahren gegen Mario G. wegen Mordes
Das Schwurgericht des Landgerichts München I unter Vorsitz von Norbert Riedmann hat den Angeklagten Mario G. am 15.05.2023 wegen Mordes in 2 Fällen und versuchten Mordes in 6 Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Daneben wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt und gegen den Angeklagten ein lebenslanges Berufsverbot als Kranken- und Altenpfleger verhängt.
Der Angeklagte war seit Juli 2020 als Krankenpfleger in einer Abteilung des Klinikums rechts der Isar tätig und dort in erster Linie für die Betreuung der Patienten der Wachräume zuständig. In diesen Räumen wurden Patienten betreut, die etwa nach einer Operation besonderer Überwachung und Pflege bedurften. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Angeklagte während seiner Schicht am Abend des 22.08.2020 einem 80-jährigen Geschädigten insgesamt 5 Ampullen nicht verordneter sedierender Medikamente verabreicht hat, die zu einer Intoxikation und einer Vigilanzminderung des Patienten führten. Der Patient musste notfallmäßig versorgt und auf die Intensivstation verlegt werden, wo er am 28.08.2020 als Folge der nicht indizierten Medikamentengabe verstarb.
Im Zeitraum vom 25.10.2020 bis 07.11.2020 hat der Angeklagte nach den Feststellungen des Gerichts 4 weitere Patienten durch nicht indizierte Medikamentengaben in einen lebensbedrohlichen Zustand gebracht. Ein 89-jähriger Patient verstarb infolge der nicht indizierten Gabe von Tramadol und Diazepam trotz notfallmäßiger Behandlung auf der Intensivstation nach rund 2 Wochen, ohne noch einmal das Bewusstsein erlangt zu haben. Bei 2 Patienten verabreichte der Angeklagte wiederholt nicht verordnete Medikamente, darunter sedierende Medikamente aber auch Blutverdünnungsmittel bzw. hohe Dosen von Adrenalin, in dem Bewusstsein, dass dies bei frisch operierten bzw. schwer kranken Menschen zu lebensbedrohlichen Folgen führen könnte. Diese zwei Patienten sowie ein weiterer Patient überlebten die Behandlung aufgrund des Eingreifens des medizinischen Personals der Klinik.
Das Gericht wertete die Taten, die glücklicherweise nicht zum Tod führten, als versuchten Mord, weil der Angeklagte nichts zur Rettung der Patienten unternommen hatte. Daneben hat es den Angeklagten auch wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) durch die Verabreichung von Gift und durch die lebensgefährdende Behandlung schuldig gesprochen.
In allen Fällen nahm das Schwurgericht das Mordmerkmal der Heimtücke an, weil sich die schwerkranken Patienten bei der Behandlung durch den Angeklagten keines Angriffs auf ihr Leben versahen, vielmehr im Krankenhaus von Schutz und Pflege ausgingen. In den Fällen, in denen der Angeklagte sedierende Medikamente verabreicht hatte, ging das Gericht zusätzlich von dem Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe aus, weil der Angeklagte die Patienten damit ruhigstellen wollte, um diese nicht versorgen zu müssen. Der geständige Angeklagte hatte hierzu angegeben, dass er „seine Ruhe haben“ wollte und ihm der Tod der Patienten egal gewesen sei.
Aufgrund einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände, insbesondere der Vielzahl der Taten binnen kurzer Zeit, hat das Schwurgericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
Das Schwurgericht hat daneben ein lebenslanges Berufsverbot für den Beruf des Alten- und Krankenpflegers ausgesprochen. Durch diese Maßnahme sah das Schwurgericht die Verhängung der Sicherungsverwahrung nicht als erforderlich an, weil die weiterhin vom Angeklagten ausgehende Gefahr auf ein vertretbares Maß reduziert werde.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung, den Nebenklägern und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das bis binnen einer Woche eingelegt werden müsste.
Das Schwurgericht hat die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I Nr. 30/2023 vom 15. Mai 2023