LG München II: Urteil im Strafverfahren gegen Roman P. wegen des Verdachts des Totschlags („Schüttelbaby“)
Die 1. Große Strafkammer als Schwurgericht des Landgerichts München II hat den Angeklagten Roman P. am 13. Februar 2023 nach sechstägiger Hauptverhandlung wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren 6 Monaten verurteilt.
Nach den Feststellungen des Schwurgerichts hat der Angeklagte am 28. Februar 2022 in einer Asylbewerberunterkunft in Oberammergau seine zum damaligen Zeitpunkt 5 Wochen alte Tochter äußerst kräftig und wiederholt geschüttelt, wobei sie zusätzlich mit dem Hinterkopf gegen einen harten flächenhaften Gegenstand, wie z. B. eine Wand oder eine Tischplatte angeschlagen sein muss, sodass das Baby ein Schütteltrauma, ein Schädel-Hirn-Trauma und weitere schwerste Verletzungen an Kopf und Oberkörper erlitt. Diese Verletzungen führten noch am Abend des Tattages trotz sofortiger medizinischer Behandlung zum Tode des Säuglings.
Das gemeinsame Kind war dem Angeklagten in der Mittagszeit von der Kindsmutter zur Betreuung überlassen worden, da diese sich mit der weiteren gemeinsamen 5-jährigen Tochter zum Duschen ins Gemeinschaftsbad der Unterkunft begeben hatte. Andere Täter oder Ursachen für die massiven Verletzungen des Säuglings konnte die Kammer ausschließen. Die von dem Angeklagten ins Spiel gebrachte Kindsmutter oder die ältere Tochter schloss die Kammer ebenfalls als Verantwortliche für den Tod des Säuglings aus, weil die Gesamtumstände dagegen sprachen. Ein Tatmotiv konnte die Kammer nicht feststellen. Das Kind dürfte jedoch keinen besonderen Anlass gegeben haben, hierfür habe die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte ergeben, es handelte sich insbesondere nicht um ein sog. Schreibaby. Die Kammer ging davon aus, dass der Angeklagte den Tod des Säuglings billigend in Kauf nahm und die von ihm im Anschluss entfalteten Rettungsbemühungen, als bereits die Atmung des Kindes ausgesetzt hatte, eher der Tatverdeckung gegenüber der Mutter dienten.
Zugunsten des Angeklagten würdigte die Kammer insbesondere seinen bisher straffreien Lebenswandel und die Tatsache, dass er lediglich bedingt vorsätzlich handelte. Zu seinen Lasten hat sie im Wesentlichen berücksichtigt, dass er gegenüber seiner Tochter in besonderer Schutzverpflichtung stand.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidigung, Nebenklage und Staatsanwaltschaft steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche eingelegt werden müsste.
Die Strafkammer hat die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.
Quelle: Pressemitteilung 10 des Oberlandesgerichts München vom 13. Februar 2023