Urteil im Verfahren zur Ermordung des Dr. Lübcke ist rechtskräftig
Der 3. Strafsenat des BGH hat mit seinem Urteil vom 25. August 2022 – 3 StR 359/21 – sämtliche Revisionen gegen das Urteil des OLG Frankfurt am Main im Verfahren betreffend die Ermordung des ehemaligen Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Lübcke sowie den tätlichen Angriff auf einen Asylbewerber verworfen. Das Urteil des Oberlandesgerichts ist damit rechtskräftig.
Mit Urteil vom 28. Januar 2021 hat das Oberlandesgericht den Angeklagten E. wegen Mordes an Dr. Lübcke zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die besondere Schwere der Schuld festgestellt und die Anordnung der Sicherungsverwahrung des Angeklagten vorbehalten. Von einem weiteren Vorwurf des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung zu Lasten eines Asylbewerbers hat es ihn freigesprochen. Den Angeklagten H. hat es wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes eines wesentlichen Teils einer vollautomatischen Schusswaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe zum Mord zum Nachteil von Dr. Lübcke hat es ihn freigesprochen.
Sachverhalt
Nach den vom Oberlandesgericht zur Verurteilung des Angeklagten E. getroffenen Feststellungen erschoss dieser am 1. Juni 2019 gegen 23:30 Uhr Dr. Lübcke mit einem Trommelrevolver. Er handelte aus fremdenfeindlichen Motiven und nutzte die Arglosigkeit sowie die darauf beruhende Wehrlosigkeit seines Tatopfers aus, indem er sich an den sich in scheinbarer Sicherheit wähnenden und sich keines Angriffs versehenden Dr. Lübcke anschlich und aus kurzer Distanz einmal auf dessen Kopf schoss. Dabei kam es ihm darauf an, sein Tatopfer wegen dessen politischer Überzeugung und Betätigung als Regierungspräsident zu töten und gleichsam für die von diesem vertretene Linie in der Flüchtlingspolitik abzustrafen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der 3. Strafsenat des BGH hat alle Rechtsmittel verworfen. Die materiellrechtliche Nachprüfung des schriftlichen Urteils, die auf die von allen Revisionsführern erhobenen Sachrügen geboten war, hat, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, keinen sie benachteiligenden und, soweit sie freigesprochen worden sind, keinen sie begünstigenden Rechtsfehler ergeben. Die Verfahrensbeanstandungen bleiben ebenfalls ohne Erfolg.
Die Rechtsfolgeentscheidungen sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Dabei hat der Bundesgerichtshof u. a. entschieden, dass es rechtlich zulässig war, die rassistischen und ausländerfeindlichen Beweggründe des Angeklagten bei der Prüfung der besonderen Schwere der Schuld über die rein politische Motivation hinaus gesondert zu berücksichtigen.
Soweit der Angeklagte H. in diesem Verfahrenskomplex freigesprochen worden ist, hat die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils ebenfalls keinen Rechtsfehler erbracht. Dies gilt insbesondere für die vom Oberlandesgericht vorgenommene Beweiswürdigung, auf deren Grundlage das Oberlandesgericht nicht die Überzeugung hat gewinnen können, dass H. am Tatort zugegen war oder im Vorfeld zur Tat in physischer oder psychischer Weise Hilfe geleistet hatte. Verfahrensfehler hat die Revision der Nebenkläger nicht aufgezeigt; insbesondere hat das Oberlandesgericht keine rechtlich gebotenen Beweiserhebungen unterlassen.
Hinsichtlich des Freispruchs des Angeklagten E. vom Vorwurf des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung zu Lasten des Asylbewerbers ist die Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Verfahrensrüge der Nebenklage zeigt eine unzureichende Beweiserhebung durch das Oberlandesgericht nicht auf.
Schließlich hat auch die revisionsrechtliche Prüfung der Verurteilung des Angeklagten H. wegen Waffenbesitzes weder einen Fehler im materiellen Recht noch im Verfahrensrecht aufgedeckt.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 127/2022 des Bundesgerichtshofs vom 25. August 2022